Neues aus Ghana – ein Praktikumsbericht aus 2015

Lena’s Famulatur in Ghana 2015

Schon vor dem Abitur spukte in meinem Kopf der Plan herum einmal eine Zeit im Ausland zu verbringen. Trotzdem blieben diese Pläne immer eher im Hintergrund. Ich fing an zu studieren und die Idee eines Auslandssemesters verwarf ich schnell wieder, weil ich durch den Aufenthalt keine Zeit verlieren wollte. Die Famulatur in Ghana war für mich also die perfekte Lösung. Ich konnte auf diese Weise ein Praktikum absolvieren, das ich in jedem Fall hätte machen müssen, zusätzlich aber ein neues Land kennenlernen und reisen.

Zusammen mit zwei Freundinnen aus meinem Semester gingen wir also zu einem Infotreffen von Onipa Nti und schnell war klar, dass wir zusammen fliegen würden.
Am 29.07. ging es vom Flughafen Düsseldorf aus los in Richtung Accra. Dort wurde schon bei der Passkontrolle schnell klar, dass wir zu einigen wenigen Touristen gehören würden. Am Flughafen wurden wir bereits von Mr. Richards erwartet, bei dem wir die erste Nacht in Ghana verbringen sollten. Er nahm uns sehr freundlich in Empfang, fuhr mit uns ein wenig durch Accra, hatte jedem von uns einen Snack mitgebracht und half uns sogar dabei, ghanaische Simkarten zu besorgen.

Am Abend machten wir noch einen kleinen Spaziergang durch seine Nachbarschaft 20140812_143919und es war schön diese vielen neuen Eindrücke zunächst einmal mit einem Einheimischen an seiner Seite zu erleben. Alles ist viel lauter als wir es von zu Hause gewöhnt sind. Überall gibt es Musik, hupende Autos, man läuft meist direkt an der Straße entlang und sieht an jeder Ecke kleine Stände von denen aus die Menschen Früchte, warme Gerichte und Stoffe verkaufen. Sogar Dinge wie Fernseher, Sofas oder Särge in allen Formen und Farben stehen an der Straße gestapelt, bereit zum Verkauf.

Am nächsten Morgen brachte uns Mr. Richards zum „Circle“, dem größten Busbahnhof in Accra. Dort war ich erst einmal erschlagen von dem, was in meinen Augen zu dem Zeitpunkt nur ein riesiges Durcheinander war. Fernbusse soweit das Auge Reicht, Taxis, die sich durch das Gedränge von Reisenden und Händlern schlängeln und nirgendwo Informationsschilder oder Tafeln, wie man es von zu Hause kennt. Unser Bus fuhr von dort circa 10 Stunden bis Dormaa und es war eine schöne Möglichkeit aus dem Fenster heraus ein bisschen von dem Land zu sehen, in dem ich die nächsten sieben Wochen leben würde. Natürlich stieg auch die Aufregung mit jeder Stunde, die wir näher an Dormaa herankamen. 

Als wir unser Ziel dann endlich erreicht hatten, stiegen wir an der Hauptstraße aus und kurz darauf kam auch schon Linda von Onipa Nti mit einem Taxi, um uns zu den jeweiligen Gastfamilien zu bringen. Nach kurzer Fahrt erreichten wir zuerst meine Familie. Inzwischen war es schon dunkel geworden und auch der Strom war zu dem Zeitpunkt ausgefallen, wie es in Ghana regelmäßig der Fall ist. Die Gastmutter Beatrice, meine 17-jährige Gastschwester Winifred, die 5-jährige Joyceline und deren Cousin Junior nahmen mich ganz offen in Empfang und ich bekam eine kleine Führung mit Taschenlampe durch das Haus. Wir unterhielten uns noch ein bisschen und dann ging ich, erschöpft von der Reise, früh ins Bett. Zu der Familie gehört noch der Vater Kwame, der in England lebt, aber regelmäßig mit seiner Familie und auch mit mir telefonierte. Der ältere Bruder studiert in Cape Coast und war während meiner Zeit in Ghana nicht zu Besuch. Die Kinder sprechen alle gut Englisch, Beatrice konnte zwar etwas verstehen aber die meiste Zeit hat Winifred für mich übersetzt.

Ich war die erste Praktikantin, die Beatrice aufgenommen hat und ich bin noch immer beeindruckt, wie selbstverständlich ich in der Familie leben durfte. Alle waren darum bemüht, dass ich mich wohlfühlte und auch ganz interessiert an meiner Person. Winifred ist ein sehr aufgeschlossenes Mädchen, mit der ich mich oft über Gott und die Welt unterhalten habe, vorausgesetzt der Strom war malwieder weg und der Fernseher lief nicht. Natürlich waren wir nicht immer einer Meinung, da sie viele Dinge streng nach der Bibel bewertet, aber auch dann fand ich es toll, dass man sich darüber ohne Streit austauschen konnte. Sie war während der Zeit wirklich ein super Ansprechpartner, hat mir Dormaa gezeigt, übersetzt, mir beim Einkaufen geholfen oder mich mit zu Freunden und Verwandten genommen.
Manchmal haben wir uns nach dem Praktikum aber auch nur unter Freiwilligen getroffen, was für die Familie völlig in Ordnung war.

Die Arbeit im Krankenhaus war sehr interessant, da ich viele Krankheiten und auch Arbeitsbedingungen gesehen habe, die ich so in Deutschland vermutlich nie wieder sehen werde. So viele Malaria Fälle, wie sich dort jeden Tag vorstellten, bekommt man hier vermutlich in seinem ganzen Arbeitsleben nicht zu Gesicht. Die Ärzte im Krankenhaus waren meistens sehr nett und bereit mir etwas zu erklären. Ich fand es spannend zu sehen, dass dort die Ausbildung zum Arzt auch etwas anders abläuft als in Deutschland. Nach dem Studium müssen zwei Anerkennungsjahre absolviert werden und dabei werden die Bereiche Innere, Chirurgie, Pädiatrie und Gynäkologie durchlaufen. Die meisten Ärzte waren somit nicht so viel älter als ich, allerdings schon sehr erfahren und routiniert in ihrer Arbeit. Es hat mich auch wirklich beeindruckt, dass sie in ihrem Studium alle Verfahren und Techniken erlernen wie wir, diese aber oft gar nicht anwenden können, weil entweder das Gerät oder Geld fehlt. 

An den Wochenenden ging es meistens mit der Familie in die Kirche, wir hIMG_4867aben uns zum Spieleabend mit den Gastgeschwistern verabredet oder auch mal einen Ausflug mit dem Trotro zu den Wasserfällen in Kintampo unternommen.
Nach meiner Praktikumszeit war es ganz rührend zu sehen, wie traurig alle über meine Abreise waren. Obwohl mein Bus mitten in der Nacht fuhr, waren Beatrice und Winifred wach um mich verabschieden.

 Die Reise verlief sehr gut und obwohl wir oft die einzigen Touristen in den Bussen und Trotros waren, haben wir unsere Ziele immer gut erreicht. Ich musste zuerst lernen mit so viel Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft umzugehen. Oft war ich erst einmal skeptisch, habe aber schnell gemerkt, dass viele Ghanaer wirklich interessiert sind und ohne Erwartungen helfen wollen. In den Orten, wo es dann doch mehr Tourismus gibt, gab es allerdings auch bettelnde Kinder oder Menschen, die Geld für ihre Auskünfte erwartet haben. Es war in jedem Fall gut, die Reise nach dem Praktikum zu machen, wenn man schon etwas Erfahrung im Land und einen kleinen Einblick in die Kultur hatte. So konnte ich viele Dinge etwas entspannter hinnehmen.

Zurück zu Hause fragten mich viele, ob es denn „schön“ gewesen sei. Obwohl viele IMG_2576Orte schön waren, ist die Reise damit in meinen Augen zu einfach beschrieben. Es war viel mehr interessant, spannend, lehrreich und neu, gleichzeitig aber auch manchmal dreckig, laut und anstrengend. Es war eine aufregende Zeit und eine tolle Erfahrung.

 

 

 

Kommentare sind geschlossen.