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Ronja Wiese 2014

Abschlussbericht

Freiwilligendienst in Dormaa-Ahenkro, Ghana

von Ronja Wiese

Die Zeit, die ich in diesem Frühjahr mit „Onipa Nti- Hand in Hand mit Ghana e.V“ in Ghana verbringen durfte, hat mir einen wunderbaren Einblick in eine andere Kultur gegeben, hat mich mit gastfreundlichen, herzlichen Menschen zusammengeführt und mir Erfahrungen beschert, die mir immer im Gedächtnis bleiben werden und mich viel über die Welt und die Menschen gelehrt haben.

Am 8. Februar 2014 ging meine Reise vom Flughafen Düsseldorf aus los. Nach dem Abschied von Freund und Familie stieg ich in den Flieger. Nach Zwischenstopp in Lissabon und langen 7 Stunden Flug wurde ich in Accra von einer Welle feuchter, heißer Luft überrascht, die mir entgegenschlug, als ich das Flugzeug verließ. Alles um mich herum war unbekannt und neu, so dass ich froh war als Ethel, die Frau bei der ich die erste Nacht verbringen sollte, mich gefunden hatte und ich die Möglichkeit bekam erstmal vom Auto aus diese fremde Welt zu betrachten.

Direkt am nächsten Morgen ging es weiter nach Dormaa-Ahenkro, die Stadt, in der ich für die nächsten 2 Monate arbeiten und wohnen würde. Mit einem Reisebus fuhr ich bis Sunyani. Als ich dort eintraf war es bereits dunkel und das Umsteigen an der geschäftigen Taxi-Station war für mich bereits ein wahres Abenteuer. Überall hupende Autos, rufende Menschen, Händler, die den Reisenden durch das Autofenster alles Mögliche und Unmögliche anboten. Ein wahrer Kulturschock, den ich erst einmal überwinden musste.

AbschlussberichtRonjaWieseAbschlussberichtRonjaWiese2In Dormaa brachte mich Linda, von Onipa Nti, dann noch am selben Abend in meine Gastfamilie, in der ich von allen mit einem herzlichen „Akwaaba!“ (Willkommen!) begrüßt wurde.

Zu meiner Gastfamilie gehörten meine Gastmutter Magret, ihre Söhne Prince (22) und Clement (19) und ihre Töchter Rejoice (15) und Blessem (3). Der Vater lebt in Spanien, um von dort aus die Familie zu ernähren und ist seit 3 Jahren nicht mehr in Ghana gewesen. Meine Gastbrüder leben beide nicht mehr zuhause. Prince wohnt in Kumasi und Clement in einem Vorort Dormaas. Beide kamen aber oft zu Besuch, ebenso wie etliche Cousinen, Cousins und die vielen Schwestern meiner Gastmutter. Da in Ghana alle „brothers and sisters“ sind, war es für mich zunächst schwer festzustellen, wer tatsächlich Teil meiner Gastfamilie war und wer nur zu den Freunden oder Nachbarn gehörte die ebenfalls oft ihre Nachmittage bei uns im Hof verbrachten. Der Hof vor dem Haus war der Ort, an dem das ganze Leben stattfand. Nach drinnen ging man nur zum Schlafen. Gekocht, gegessen, gespielt, getanzt und gesungen wurde draußen. Ich war glücklich, dass sich mir in meiner Gastfamilie die Möglichkeit bot, alle Facetten des ghanaischen Alltags kennenzulernen. Obwohl ich beim Versuch „Fufu“, das traditionelle ghanaische Gericht aus Maniok und Kochbananen, zu stampfen lautes Gelächter hervorrief und auch meine Tanzkünste zu großer Heiterkeit führten, ließ ich mich nicht weiter irritieren und bestand darauf, meine Wäsche selbst zu waschen und Rejoice beim Abwasch zu helfen. Nachdem ich zunächst skeptisch beobachtet wurde erntete ich schließlich immer häufiger Anerkennung und den überraschten Ausruf „You know how to wash!“. Da alle sehr lieb zu mir waren und vor allem Rejoice mir bereitwillig alles zeigte konnte ich mich sehr schnell in Dormaa eingewöhnen.

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Jeden Sonntag begleitete ich meine Familie in die Kirche, in der dann 4 Stunden lang laut gesungen, getanzt und gebetet -, aber auch der neueste Klatsch ausgetauscht und das ein oder andere Geschäft getätigt wurde. Jedoch nicht nur in die Kirche wurde ich mitgenommen, sondern auch auf den Markt, zu den zahlreichen Besuchen bei der Verwandtschaft, so wie zu einer Beerdigung und einer Hochzeit.

AbschlussberichtRonjaWiese1Als eine der wenigen Weißen in der Stadt zog ich auf der Straße immer die Aufmerksamkeit der Leute auf mich. Vor allem die Kinder riefen dann „Broni coco!“ (Weiße Frau) und fragten nach meinem Namen. Allgemein habe ich die Ghanaer als sehr kontaktfreudige und offene Menschen erlebt in deren Leben Familie, Religion und Arbeit die wichtigste Rolle spielen. Schwer war es für mich mit der Armut und Perspektivlosigkeit der Menschen in meinem Umfeld konfrontiert zu werden, die mir von ihrem Wunsch nach Europa zu reisen erzählten und über die Zustände im eigenen Land klagten. Da lernte ich plötzlich auch Dinge, denen ich zuvor in Deutschland nie große Beachtung schenkte, ganz neu zu schätzen. Ich fand es erschütternd zu sehen, dass auch schon kleine Kinder einen großen Teil der Hausarbeit übernehmen müssen, ganze Nachmittage auf den Laden der Eltern aufpassen, oder am Bahnhof das in Tüten abgepackte Pure Water verkaufen müssen. Rejoice verbrachte nach der Schule nahezu den gesamten Rest ihres Tages mit Kochen, Abwaschen und Putzen und selbst die kleine Blessem wurde des Öfteren geschickt um Hol- und Bringdienste zu erledigen.

Die Arbeit im „House of Hope – International School“ war zunächst eine große Herausforderung. Die Klasse in der ich als Klassenhelferin meinen Freiwilligendienst geleistet habe war mit 45 Kindern sehr groß und die Lehrmethoden, die sehr stark auf dem Wiederholen von auswendig Gelerntem basierten, waren mir völlig fremd. Mit der Zeit gewöhnte ich mich jedoch sehr gut ein, lernte Kollegen und Kinder besser kennen und konnte mit Liedern, Mal- und Bastelarbeiten meinen Teil zum Schulalltag beitragen. Für meine Ideen und Projekte wurde mir immer Raum gelassen und auch Dankbarkeit entgegengebracht, so dass ich großen Spaß an der Arbeit hatte. Ich hatte das Glück, dass Mr. Chris, der Lehrer mit dem ich zusammen die 1. Klasse betreute, nichts vom Schlagen der Kinder hielt: „Wie kann ich von den Kindern erwarten, dass sie sich untereinander nicht schlagen, wenn ich sie selbst schlage?“. Ich bekam es jedoch von anderen Lehrern- und auch in meiner Gastfamilie mit, was für mich schwer auszuhalten war. Dennoch überwogen zuletzt die positiven Eindrücke und der Abschied vom lauten, quirligen und abwechslungsreichen Schulleben fiel mir am Ende meiner Zeit in Dormaa nicht leicht.

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Meine Freizeit habe ich genutzt um andere Gegenden in Ghana zu besuchen. So waren wir z.B. ein Wochenende bei Verwandten meiner Gastfamilie in Kumasi, haben ein Affenreservat in der Nähe Dormaas besucht und eine Woche in Cape Coast und Umgebung verbracht. Mit meinen Gastgeschwistern bin ich ein paarmal zum Pool gefahren um meiner Gastschwester Rejoice das Schwimmen beizubringen. Die letzten Tage in Ghana habe ich dann in Accra verbracht, wo ich noch einmal das Meer und die Sonne genießen konnte.

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Für den Verein „Onipa Nti – Hand in Hand mit Ghana e.V.“ bin ich mehrmals im Bildungszentrum in Dormaa gewesen, welches dort von Vereinsmitgliedern gegründet worden ist, um Rückmeldung darüber zu geben, wie vor Ort alles funktioniert und inwiefern noch Verbesserungen vorgenommen werden könnten.

Darüber hinaus bin ich gemeinsam mit Linda von Onipa Nti in ein etwas abseits gelegenes Dorf gefahren, das nur über eine sehr schlechte Straße zu erreichen ist. Hier ist bereits ein Health Centre samt Wohnmöglichkeiten für die Ärzte und Pfleger gebaut worden um in Zukunft die medizinische Versorgung für die Dorfbevölkerung gewehrleisten zu können. Für die Eröffnung fehlen jedoch noch Wasser, Strom und die Innenausstattung. Ich habe mir den Ort angesehen um mit Fotos und einem Bericht bei der Entscheidung zu helfen ob dies ein Projekt ist, das von Onipa Nti gefördert werden kann.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich diese Reise machen durfte. Ich habe viel über mich selbst und noch mehr über die Welt erfahren und werde mich an vieles noch für den Rest meines Lebens erinnern. Ich habe während dieser Zeit die Möglichkeit gehabt mir den Wert dessen bewusst zu machen, was ich in Deutschland habe, hoffe aber auch einige Dinge aus Ghana mitnehmen zu können. So ein wenig ghanaische Gelassenheit tut im hektischen Alltag mit Sicherheit gut.

Für mich war es das erste Mal, dass ich in Afrika war, aber ich war froh die immer wieder gestellte Frage, ob ich wiederkommen werde, mit einem überzeugten „Ja“ beantworten zu können.

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